„Trailen auf den Geruchsband“ Steht auf allen meinen Onlineworkshop-Titeln. Es ist der Kern (nicht nur) meiner Trainingsphilosophie. Gerade um Mantrailing als Enrichment einzusetzen, ist es die optimale Basis.
Was bedeutet dieser Begriff eigentlich genau?
Hier fasse ich Dir mal kompakt zusammen
- was er bedeutet
- woher der Ansatz kommt
- warum er sich für bedürfnisorientiertes Mantrailing sehr gut eignet und
- wie diese Aufgabenstellung den Hunden vermittelt wird.
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Definition
„Zeige mir, wo die Zielperson gelaufen ist“
anstelle von
„Finde die Zielperson, egal wie“
Das ist schon die Kernaussage und damit unterscheidet sich das Trailen auf dem Geruchsband von anderen Trainingsphilosophien.
Es bedeutet also, dass der Hund nicht „irgendwie“ die Zielperson finden oder zeigen soll, wo er überall Geruch von der Zielperson wahrnimmt. Er soll nicht übers Geruchsjagen wieder auf den Trail finde, sondern diesen möglichst gar nicht verlassen.
Zunächst erscheint diese andere Aufgabenstellung überraschend, denn bei der Personensuche geht es ja genau darum, eine Person zu finden…
Ursprung
Ich habe diesen sehr klar definierten Arbeitsansatz bei Peter Keller, einem sehr erfolgreichen Ausbilder von Personenspürhunden (sam-dogs.ch) kennen- und schätzen gelernt. Peter berichtete, dass dieser Trainingsansatz entwickelt wurde, um die Erfolgsquote von Personenspürhunden zu verbessern. Der dahinterliegende Grundgedanke war, dass man am bisherigen Trainingsansatz was verändern muss, um ein anderes Ergebnis zu erzielen.
Und dieser Ansatz – das Trailen auf dem Geruchsband – hat sich als sehr erfolgreich herausgestellt.
Vorteile
Warum ist dieser Ansatz so erfolgreich? Aus Sicht des professionellen Personenspürhunde-Einsatzes hat sich gezeigt, dass mit diesem Ansatz trainerierte Hunde
- sehr genau und
- sehr ruhig und gleichmäßig suchen
- kaum noch „spekulieren“ – d. h. die Hunde verlassen das Geruchsband nicht, um Menschen in den typischen Auffinde-Positionen zu checken
- eine sehr präzise Negativarbeit (Anzeige von nicht vorhandenem passenden Geruch zum Geruchsmuster bzw. Anzeige des Endes des Geruchsbandes). Diese Präzision kann in Einsätzen matchentscheidend sein
- in der Kriminalistik sehr gut für die Überprüfung von Zeugenaussagen eingesetzt werden können
Begründung
Werfen wir mal einen Blick auf die 3 Komponenten von Nasenarbeit
- Suchen
- Finden
- Bekommen.
Auch wenn immer davon die Rede ist, dass den Hunden „Suchaufgaben“ Spaß machen, so ist es tatsächlich nicht die Komponente des SUCHENs ist, die bedürfnisorientiert ist – sondern die anderen beiden.
Und genau darin liegt für mich begründet, dass diese Suchaufgabe als Enrichment geeignet ist.
Mantrailing gehört zu den „Match to sample“ Aufgaben, d. h. der Hund bekommt ein Geruchsmuster und das FINDEN dieses Geruches ist mit einem Erfolg verknüpft. D. h. das Trailen auf dem Geruchsband ist ein ständiger Verstärker für den suchenden Hund. Und das Trailen auf dem Geruchsband hält den Hund ja maximal „im Zielgeruch“ und damit in der Verstärkung.
Das Geruchsband
Aber was genau ist denn dieses „Geruchsband“. Da geben sich 2 Denkmodelle die Hand, die das Funktionieren des Trailens auf dem Geruchsband erklären:
- These von Rudolphina Menzel
- Theorie der unterschiedlich schweren Bestandteile des Individualgeruches
Eine bedeutende Aussage von Rudolphina Menzel lautet: „Was ein Hund sucht und wie er es sucht ist eine Frage des Trainings.“
Bedeutet also im Klartext, wenn wir Hunde so ausbilden, dass sie nur zum Erfolg kommen, wenn sie der gelaufenen Spur der Zielperson folgen, dann wird das ihr Arbeitsmuster. Wir bilden damit Hunde aus, die auf dem Geruchband trailen. Das bedeutet übrigens im Gegenzug: Wenn sie durch Geruchsjagen zum Erfolg kommen, werden sie auch weiterhin dieses Verhalten zeigen.
Da Hunde über das Trailen auf dem Geruchsband (auch nachweislich im Einsatz) zum Erfolg kommen, muss es also etwas geben, was es den Hunden ermöglicht, den Weg der Zielperson zu aufzuspüren.
Und das führt uns zu der zweiten Theorie: Der Erklärung, dass die Hunde sich in erster Linie an den schweren ortstreuen Bestandteilen des Individualgeruches orientieren. Das ist exakt so auch das Erklärungsmodell für das zuverlässige Funktionieren des ID-Trackings.
Um es zusammenzufassen, könnte man das Trailen auf dem Geruchsband als ein Mantrailing auf der „schweren Spur“ bezeichnen.
Ich nutze gerne das Bild von Konfetti bei einer Schnitzeljagd. Die Zielperson streut kontinuierlich Konfetti, deren schweren Bestandteile dort verbleiben, wo die Person gelaufen ist. Die leichten Konfetti werden durch Wind und Thermik auch weiter weg getragen. Trailen auf dem Geruchsband beduetet, dass der Hund auf der Hauptkonfetti-Spur bleiben und nicht jedes weitere Konfettischnipsel suchen soll.
Wie wirds vermittelt
Jetzt wirds spannend. Und kontrovers.
Wenn ich dem Hund vermitteln möchte, dass er uns zeigt, wo eine zu suchenden Person gelaufen ist, MUSS ich zwangsläufig wissen, wo die Person gelaufen ist. Und zwar nicht ungefähr, sondern ziemlich genau. Und dieses genaue Wissen um den Trailverlauf liegt in der Verantwortung von uns Trainer*innen. Jeder kennt und fürchtet sie… die „kreative Zielperson“, die sich nicht an Anweisungen hält… – oder auch einfach nicht mit einem guten Orientierungsvermögen gesegnet ist. Für mich persönlich gibt es da nur 2 Lösungen, bei denen ich wirklich sicher sein kann:
- persönliches Verbringen bis an den Endpunkt (bzw. mit eigenen Augen den Verlauf und Endpunkt sehen)
- GPS Live-Erfassung der Bewegungen der Zielperson und Übermittlung des Tracks vor dem Lauf mit dem Hund (z.B. mit der Mantrailing App gut umsetzbar)
Mit dem zuverlässigen Wissen um den Trailverlauf kann ich also den in Ausbildung befindlichen Teams sehr präzise Feedback geben. Und ja, das bedeutet in der Tat, dass wir die Hunde im Training beeinflussen.
Wir machen ihnen die Umsetzung der gewünschte Lösung leicht und sorgen dafür, dass es ihnen leicht fällt, eine vom Trail abweichende Richtung selbstständig zu korrigieren.
Und klar bauen wir diese Hilfen im Verlauf des Trainings nicht nur wieder ab, sondern überprüfen auch, ob der Hund seiner Aufgabe oder unserer Körpersprache folgt. Sobald die Hunde eine ausreichende mentale Stabilität haben, hinterfragen wir gezielt richtige Entscheidungen, um ein Durchsetzen des Hundes gegen unsere Körpersprache anschließend gezielt zu verstärken. Ach ja – wir loben unsere Hunde übrigens auf dem Trail für erwünschtes Verhalten.
Natürlich wird auch der Verlauf der Trainer*innen-Spur während der Ausbildung immer berücksichtigt, so dass der Hund lernt, sich nicht daran zu orientieren.
Wir beeinflussen die Hunde in also der Ausbildung, wissend dass es sowieso unmöglich ist, sie nicht zu beeinflussen.
Du kannst nicht nicht kommunizieren.
Paul Watzlawick
Das Umlernen von „Finde die Person, egal wie“ auf „Trailen auf dem Geruchsband“ ist in der Praxis relativ leicht. Die meisten „umgestellten“ Teams profitieren sehr von der neuen Suchaufgabe. Und das Maß an Bedürfniserfüllung steigt an.
Zusammenfassend die Kernelemente des Ausbildungsweges:
- Setup for success
- Verstärkung des erwünschten Verhaltens, Managen des unerwünschten Verhaltens = Beeinflussung des Hundes
- erfordert insbesondere zu Beginn wissend zu trailen und kleinschrittiges detailliertes Vorgehen
- konkrete Übungen zum bewussten Hinterfragen
- Schwerpunkt auf Üben und Verstärken statt auf Überprüfen
Dieses Vorgehen steht übrigens nicht im Widerspruch mit der gängigen Aussage „Der Hund hat bei der Nasenarbeit immer Recht“.
Die Sache mit dem Enrichment
Fassen wir nochmal zusammen. Trailen auf dem Geruchsband bedeutet also
- ständige Verstärkung durch die Anwesenheit des Zielgeruches während des Trailens
- Suche im Flow bei gleichmäßigem Tempo
- Setup for succes, was auch Teamarbeit beeinhaltet.
Bringen wir das mal in Verbindung mit den 5 Säulen des Enrichment:
- Nahrung
- Umwelt
- Selbstwirksamkeit
- gute Emotionen
- Gesundheit
Bei welchen dieser Säulen bietet nun diese Suchaufgabendefinition die größeren Vorteile im Vergleich zur herkömmlichen Definition?
Während bei den ersten beiden Säulen wenig Unterschiede bestehen, sieht es bei den restlichen Säulen anders aus:
Auch wenn wir beim Vermitteln der Aufgabe die Selbstwirksamkeit des Hundes einschränken, so hat diese Aufgabe doch den großen Vorteil, dass sie von den Hunden schnell erfolgreich erlernt werden kann. Weil die Aufgabe ziemlich genau definiert ist und der Hund im Geruchsband permanent verstärkt wird, fällt es den meisten Hunden sehr leicht, sie umzusetzen. Sobald die Aufgabe vom Hund vollständig erfasst ist, kann er sie in voller Selbstwirksamkeit ausüben, lediglich begrenzt durch unser Einwirken zu seiner Sicherheit. Dabei berücksichtigen wir die mentale Stärke des Hundes in der jeweiligen Situation.
Durch die permantente Verstärkung beim Finden und weniger Fokus auf das Suchen, ist diese Aufgabe deutlich bedürfniserfüllender und frustarm (gute Rahmenbedingungen vorausgesetzt). Damit können wir ausgesprochen gut für positive Emotionen sorgen – und das nicht nur beim Hund!
Das ist das Glitzern in den Augen von Mensch und Hund, von dem ich so häufig spreche.
Wenn also
- die Rahmenbedingungen (hier besonders gewissenhaft Equipment und Umwelteinflüsse) fürs Trailen auf Enrichment ausgelegt sind
- die Aufgabe für den Hund eindeutig und gut zu erfüllen ist und
- die Ausübung bedürfniserfüllend ist
dann haben wir hier eine Beschäftigung, die die ersten 4 Säulen bereichert und bei der letzten Säule (Gesundheit) nicht ins Minus geht.
Nasenarbeit im Allgemeinen und Mantrailing im Speziellen sind nicht automatisch bedürfniserfüllend! Die Durchführung und der Trainingsansatz spielen eine entscheidende Rolle!
Astrid Sperlich
Fazit
Dieser aus dem Einsatzbereich stammende Trainingsansatz des Trailens auf dem Geruchsband erweist sich ebenfalls im Einsatz als Enrichmentmaßnahme als sehr zielführend. Die Vermittlung dieser Aufgabenstellung beruht auf
- Beeinflussung des Hundes
- basierend auf der gesicherten Kenntnis des Trailverlaufes.
Im Verlauf der Ausbildung wird den Hunden gezielt vermittelt, dass die menschliche Körpersprache und die Trainer*innenspur nicht relevant sind, sondern ausschließlich das Geruchsband zielführend ist.
So ausgebildete Hunde zeichnen sich durch eine flüssige, frustarme und gut verstärkte Arbeitsweise ohne Erregungsspitzten aus. Das Erfüllen der gestellten Aufgabe kann – wenn die Rahmenbedingungen passen – ein großes Ausmaß an Bedürfniserfüllung bieten.
Onlinekurs zum Trailen auf dem Geruchsband
Und weil dieses Thema so wichtig ist und immer wieder einerseits Fragen aufwirft und andererseits so viele schöne AHA Momente beschert, gibt es inzwischen einen Online Workshop dazu, in dem ich auf alle genannten Punkte nochmals intensiv eingehe:
Gründe für das Trailen auf dem Geruchsband
Grundlagen für diese Aufgabenstellung
Umsetzung beim Antrailen
Umsetzung bei der Vermittlung dieser Aufgabenstellung
Stolpersteine bzw. Kritikpunkte der Umsetzung.
Dieser Workshop ist speziell für Trainer*innen und Gruppenleiter*innen sowie engagierte Mantrailing Teams geeignet, die tiefer in diese Art der Suche einsteigen wollen.
Du möchtest mehr über diesen Ansatz lernen? Kannst Du ganz bequem in diesem Selbstlernkurs:
Wenn Du noch etwas tiefer in die Materie des „Mantrailing als Enrichment“ eintauchen möchtest, habe ich 2 Videobotschaften für 0 € auf meiner Kursplattform für Dich.
Neben den Rahmenbedingungen für Mantrailing als Enrichment zeige ich Dir auch 5 Gründe auf, warum sich Mantrailing als Enrichment für Dich als Trainer*in lohnt.
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