„Bei der Nasenarbeit gilt: Der Hund hat immer Recht“
Diese Aussage findet sich immer wieder und unbestreitbar ist der Hund uns mit seinem Riechvermögen mehr als haushoch überlegen. Häufig wird dieses Argument in Diskussionen jedoch eingesetzt, wenn es um die Beeinflussung des Hundes auf dem Trail geht. Und auf den ersten Blick scheint es auch ein Widerspruch zu sein – „Der Hund hat immer Recht“ – und „Trailen auf dem Geruchsband„. Aber nur auf den ersten oberflächlichen Blick.
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Die Überlegenheit des Geruchsvermögen des Hundes
Unbestreitbar ist das Riechvermögen der Hunde unserem deutlich überlegen. Man kann sogar soweit gehen zu behaupten, im direkten Vergleich mit Hunden seien wir nahezu „geruchsblind“.
Schon allein dieses Wort „geruchsblind“ ist ein deutlicher Hinweis, dass der Geruchssinn im Bewusstsein des Menschen eine sehr kleine Rolle spielt (unterbewusst ist das jedoch ganz anders – aber das ist ein anderes Thema). Denn für die Eigenschaft „nicht riechen zu können“ (Fachbegriff: Anosmie) nutzen wir den Begriff „blind“.
Da uns also der Hund was die Wahrnehmung von Gerüchen angeht so extrem überlegen ist, ist es sehr plausibel zu postulieren „Bei der Nasenarbeit hat der Hund immer Recht“. Schließlich sind wir nicht in der Lage den „Gegenbeweis“ zu liefern.
Was genau bedeutet das und welche Auswirkungen auf das Mantrailing Training hat diese Aussage?
Die Aufgabendefinition ist entscheidend
Sehen wir uns mal diese Aussage mal im Zusammenhang mit einer konkreten Aufgabenstellung in der Nasenarbeit an.
Beispiel Zielgeruchsuche:
Der Hund, der ins Suchfeld mit seinem Zielgeruch geschickt wird, kann den Geruch in der Regel schon in einem größeren Abstand zur Quelle wahrnehmen. Und da ist schon die erste Entscheidung:
- soll der Hund die Anwesenheit des Geruches anzeigen, sobald er ihn wahrnimmt
oder - soll der Hund sich direkt zur Quelle des Geruches begeben und diese möglichst eng anzeigen?
Hierbei ist es extrem wichtig, sauber und sorgfältig zu arbeiten. Denn Spuren des Zielgeruches, die beim Ausbringen unbewusst ins Suchfeld eingebracht werden (z.B. durch Reste an den Fingern) werden vom Hund wahrgenommen und damit angezeigt. Das stellt natürlich eine riesige Fehlerquelle dar, wenn die Bestätigung nicht erfolgt, weil der Mensch sich dieser Geruchsquelle nicht bewusst ist. Ich nehme als Vergleich gerne Basteln mit Glitzer her… Also geht bei der Zielgeruchsuche genauso sorgfältig vor, wie es das Basteln mit Glitzer erfordert.
Praktisches Beispiel: Geldsuchhund (und ja, den gibt es wirklich)
- soll uns der Hund anzeigen, dass sich Geld in der Nähe befindet
oder - soll er uns möglichst genau anzeigen, wo sich das versteckte Geld befindet?
Praktisches Beispiel 2: Der Bettwanzenspürhund, der zur Befallsermittlung eingesetzt wird
- soll der Hund die Anwesenheit von Bettwanzen anzeigen
oder - soll der Hund exakt das Nest oder die Wanze anzeigen?
Ersetze nun „Geld“ oder „Bettwanze“ durch „Trüffel“, „Drogen“ oder „Sprengstoff“, so wird schnell klar, dass je nach Zielgeruch ein anderes Anzeigeverhalten notwendig ist. Es kommt also wirklich darauf an, was wir mit dem Einsatz des Spürhundes erreichen wollen und auch wie hoch das Gefährdungspotential des zu suchenden Zieles ist.
Was ein Hund sucht und wie er es sucht ist eine Frage des Trainings
Rudolphina Menzel
Wie ist das konkret beim Mantrailing
Damit wir Menschen uns eine Vorstellung von dem machen können, was der Hund sucht, brauchen wir beispielhafte Bilder. Nehmen wir fürs Trailen mal das Bild, dass wir uns die vom Menschen abgesonderten Hautzellen (übrigens 30 – 40 Tausend pro Minute) als Konfetti vorstellen – wie bei einer Schnitzeljagd verstreut der Mensch seine Hautschuppen-Konfetti auf dem Trail. Und stellen wir uns vor, diese Konfetti wären unterschiedlich schwer.
Diese Konfetti sind der Umwelt ausgeliefert und werden je nach Witterung und Umgebung mehr oder weniger verstreut, bewegt. Auch in Abhängigkeit von ihrem Gewicht.
Präsentieren wir dem Hund nun den Geruchsartikel als Referenz für die Zielperson, so gibt es für dies Aufgabe unterschiedliche Lösungsansätze.
Das sog. Geruchsjagen zeigt sich darin, dass der Hund jedem Konfetti Stückchen nachgeht und noch weitere sucht (und ja – der Hund hat immer Recht und auch weit ab vom Trail befinden sich sicherlich Geruchspartikel der Zielperson). Dadurch kann sich der Hund weit vom gelaufenen Trail entfernen – und ja – er hat sicherlich immer noch Recht, weil es auch weit entfernt noch kleinste Geruchspartikel der Zielperson gibt. Über diesen Lösungsansatz kann der Hund auch abseits vom gelaufenen Trail Geruchspartikel von einer späteren Position wahrnehmen, um so die Zielperson zu finden.
Alternativ kann der Hund auch der Aufgabe nachgehen, der großen Konfettispur – also da, wo die Zielperson gelaufen ist – zu folgen. Das sog. Trailen auf dem Geruchsband.
Und das ist genau der springende Punkt. Denn um dem Hund die Aufgabenstellung „Trailen auf dem Geruchsband“ zu vermitteln, müssen wir den Hund beeinflussen und das steht in keinem Widerspruch dazu, dass es natürlich auch noch abseits des Trails Geruchspartikel der Zielperson gibt und der Hund also „Recht hat“.
Mantrailing als Enrichment
Mit der Aufgabenstellung „Trailen auf dem Geruchsband„ geht dieser professionelle Ansatz Hand in Hand mit einer hervorragenden Eignung, um Mantrailing als Enrichment einzusetzen.
Warum? Zerpflücken wir erstmal Nasenarbeit in die grundlegenden Bestandteile. Das sind
- Suchen
- Finden
- Bekommen
Die bedürfniserfüllenden Anteile der Nasenarbeit sind das Finden und Bekommen. Das Suchen selbst ist jedoch nicht bedürfniserfüllend. Suchen ist der notwendige Anteil, um ins bedürfniserfüllende Finden zu kommen. Suchen kann sogar extrem frustrierend für den Hund sein, wenn die Aufgabenstellung zu schwer ist und der Hund nicht ins Finden kommt.
Wie sieht das also beim Trailen auf dem Geruchsband aus mit dem Verhältnis von Suchen zu Finden – und damit mit der Bedürfniserfüllung? Da wird schon ziemlich deutlich, dass sich der Hund auf dem Geruchsband sehr viel länger im Bereich des Findens bewegt.
Der Hund, der diese Aufgabenstellung verinnerlicht hat, wird also durch das Geruchsband ständig darin bestätigt, dass er auf einem erfolgversprechenden Weg ist. Bei dem Hund, der jedem Konfetti nachjagt, sieht das ganz anders aus. Die Aufgabe, allen Konfettipartikeln nachzugehen ist nicht lösbar. Die Aufgabe, auf dem Geruchsband zu bleiben ist lösbar und führt zum Erfolg.
Insbesondere auch dann, wenn der gelaufene Trail endet – also die Zielperson sich mit einem Fahrzeug entfernt hat: Das sogenannte Negativ Ende. Mit der Anzeige, dass das Geruchsband hier nun endet, hat der Hund seine Aufgabe vollstens erfüllt und natürlich den sonst auch üblichen Jackpot verdient! Falls Du noch mehr über dieses spannende Feld der Negativ-Trails erfahren möchtest, kannst Du das mit meinen Online Workshop zur Negativ-Arbeit beim Mantrailing.
Fazit
Die Aussage „Der Hund hat bei der Nasenarbeit immer Recht“ hebelt in keinster Weise eine Beeinflussung des Hundes auf dem Trail aus, wenn es darum geht, die Aufgabenstellung zu vermitteln. Das Wahrnehmen des Zielgeruches ist die Voraussetzung – das daraus resultierende Verhalten wird vom Hund durch das Training erlernt. Die Definition der Suchaufgabe ist dabei entscheidend, ob der Hund die Anwesenheit oder die Quelle oder beim Mantrailing das Geruchsband zeigen soll.
Das Trailen auf dem Geruchsband hat sich für Realeinsätze als ein sehr zielführendes Vorgehen bewiesen – wurde es ja aus dem Anspruch entwickelt, das Training für Personenspürhunde mit Hinblick auf die Erfolgsquote zu verbessern. Dabei brillieren die Hunde auch durch eine ausgezeichnete Negativ-Arbeit. Wenn Du mehr über den Aufbau von Negativ Arbeit erfahren möchtest, dann kannst Du das in meinem Online Workshop Negativ Arbeit beim Trailen als Enrichment.
Neben der Professionalität dieses Ansatzes bietet das Trailen auf dem Geruchsband auch eine sehr gute Grundlage, um Mantrailing als Enrichment einzusetzen und zaubert den Teams (wieder) ein Glitzern in die Augen.
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