Altspuren der Zielperson

Geschätzte Lesedauer: 6 Minuten

Es kommt immer wieder vor, dass ich auf erstaunte Blicke treffe, wenn davon berichte, dass ich meine Teilnehmer*innen des Trainings bewusst zu einer Orientierungs- und Erkundungsrunde für den Hund vor Ort auffordere. Die Vorteile dieses Vorgehens sind sehr groß. Die damit vorhandenen “alten Spuren” der künftigen Zielpersonen stören mich nicht im Geringsten. Ganz im Gegenteil.

Denn die Fähigkeit für das Erkennen von Spurenalter bringen die Hunde tatsächlich mit. Das brauchen wir ihnen nicht beizubringen, im Gegensatz zum Suchen eines fremden Menschen (aber das ist eine andere Geschichte).

In die gleiche Richtung zielen Aussagen wie:

  • Wieviel Zeit muss verstreichen, bevor ich in einem Gebiet wieder Trailen kann?
  • Aber in dieser Richtung gibt es von einem anderen Trail schon eine Spur…

 

In diesem Artikel möchte ich Dir die Sorgen nehmen und zeigen, warum Du keine “Angst vor alten Spuren” haben brauchst und wie Du sie sogar gezielt als Aufgabe einsetzen kannst.

Wenn ich in diesem Artikel von alten Spuren rede, dann meine ich nicht, dass der Hund eine Spur sucht, die bereits mehrere Stunden, Tage… alt ist. In meinem Training nenne ich das “alte Trails”.

Hier ist damit gemeint, dass es in dem Trailgebiet, auf dem Trail bereits mehrere Spuren der zu suchenden Person gibt, das Gebiet also kontaminiert ist (ich halte mich da an die Begriffsdefinition von Peter Keller). Diese alten Spuren unterscheiden sich sowohl in der Menge als auch im Altersunterschied

  • Die Zielperson wohnt oder arbeitet täglich in dem Trailgebiet: Dann ist die Menge groß und der Altersunterschied hat die volle Bandbreite von sehr groß bis gerade eben
  • Die Zielperson hält sich viel in diesem Gebiet auf, weil sie dort einkauft, einer Freizeitbeschäftigung nachgeht, Zeitungen austrägt, Gassi geht usw. Hier ist die Menge eher niedriger, der Altersunterschied eher größer
  • Spuren von der Erkundungsrunde: Menge gering, Altersunterschied gering
  • Spuren von einem vorigen Trail (egal ob als Zielperson oder auf dem Trail mit dem Hund oder begleitende Person): Hier kann die Menge variieren, der Altersunterschied kann sehr gering sein (Minuten)

Die Herausforderung mit diesen alten Spuren ist umso größer,

👉 Je größer die Menge der Altspuren ist
👉 Je geringer der Altersunterschied der Spuren ist

Du kannst Dir den Artikel auch anhören:

Trainingsansatz bezogen auf das Spuralter

Sobald es nun auf dem Trail Spuren unterschiedlichen Alters von der Zielperson gibt, ist es natürlich klar, dass der Hund niemals von einer frischeren auf eine ältere Spur switchen darf. Niemals nicht.

Aber wie sieht es beim Backtrail und beim P-förmigen Trail aus? Denn hier gibt es ja an einer Stelle die chronologische Fortsetzung des Trails und zusätzlich eine frischere Spur.

Hier gibt es grundsätzlich 2 Möglichkeiten:

  • Frisch – Frischer – am Frischesten:
    Der Hund wird so trainiert, dass er an einer solchen Stelle auf die frischeste Spur switchen muss
  • Vorlieben für das Suchmuster des Hundes berücksichtigen:
    Das heißt, der Hund darf selbst entscheiden, ob der das P bzw. den Backtrail ausläuft – also chronologisch fortlaufend arbeitet, oder gleich auf die frischeste Spur switcht.

Ich bevorzuge beim Trailen als Enrichment die zweite Variante. Ich überlasse die Entscheidung dem Hund. Dabei kann sich die Vorliebe für das gezeigte Suchmuster anfangs auch noch ändern. Langfristig ist es wichtig zu wissen, wie der Hund solche Stellen ausarbeitet, so dass man nicht verunsichert ist, wenn man plötzlich wieder an einer Kreuzung ankommt, bei der man schon gewesen ist, jetzt aber anders abbiegt.

Und ja, es gibt Hunde, die es bevorzugen, chronologisch der Spur zu folgen. Die Mehrheit der Hunde switcht meiner Erfahrung nach allerdings auf die frischeste Spur.

 

 

👉 An dieser Stelle nochmal, um Missverständnissen vorzubeugen: Von frisch auf älter darf der Hund niemals switchen.

Trailaufgaben mit mehreren Spuren der Zielperson

Wie kannst Du nun die alten Spuren aktiv als Trailaufgaben nutzen?

Ganz allgemein gibt es diese 3 Muster bzw. Natürlich Kombinationen davon mit steigendem Schwierigkeitsgrad:

  • Der neue Trail kreuzt eine alte Spur

 

  • Beide Spuren verlaufen (zeitweise) in die gleiche Richtung
    • und trennen sich oder
    • münden in einem Geruchspool, aus dem heraus es dann eine frische Spur gibt

 

  • Der Trail läuft (zeitweise) gegenläufig auf einer alten Spur

Das Hintergrundwissen über den Verlauf der alten Spuren ist sehr gut geeignet, um die Körpersprache des Hundes lesen zu lernen. Denn häufig “erzählen uns die Hunde die Story des Trails”. Es gibt allerdings auch Hunde, die uns keinerlei Hinweise auf das Vorhandensein einer alten Spur geben.

Gerade die zuletzt genannte Aufgabe, wenn der neue Trail gegenläufig zu einem älteren Trails gelegt wird, ist es für den trailenden Hund besonders am Anfang eine knifflige Aufgabe. Im Verlauf des Trails wird die Aufgabe jedoch immer leichter. Wieso? Weil der Unterschied des Spurenalters größer wird.

Mit Kombinationen dieser Muster kannst Du wunderbar “Altspuren Puzzle” legen: Der neue Trail folgt der alten Spur, weicht davon ab und kreuzt im Verlauf wieder.

Der frischere Trail (dunkelrot) folgt erst dem älteren Trail (hellrot), weicht dann ab, kreuzt später und führt dann ein Stück gegenläufig zum älteren Trails

Dafür musst Du als Trainer*in natürlich den Verlauf der alten Spuren wissen. Also entweder im Kopf – oder auch über diverse Mantrailing oder Tracking Apps abgespeichert, wenn Dir das leichter fällt.

Das Beobachten der Hunde an den Stellen, wo der alte Trail kreuzt oder abweicht oder folgt oder gegenläufig verläuft, ist sehr lehrreich.  Zeigt der Hund die alten Spuren an oder folgt er sehr klar dem frischesten?

Ausnahmen

Es gibt allerdings auch Ausnahmen, bei denen ich keine alten Spuren auf dem neuen Trail haben möchte – also ein möglichst „sauberes Trailgebiet“ was die Zielperson angeht.

Diese lassen sich in der Regel jedoch auch dann noch umsetzen, wenn alle Teilnehmer*innen eines Trainings am Trainingsort eine Orientierungsrunde mit ihren Hunden gedreht haben.

Zum einen, wenn ich eine besondere Aufgabe mache, bei dem ich ein Suchmuster des Hundes überprüfen möchte:

  • Überprüfung, ob der Hund die Aufgabe (dem Geruchsband der Person zu folgen, deren Geruchsmuster der Hund zu Beginn des Trails präsentiert bekam) richtig verknüpft hat*

  • Aufgaben mit (bewusst) kontaminierten Geruchsträgern (Second Scent und Ausschluss am Start). Beiden Aufgaben liegt zugrunde, dass auf dem Geruchsträger mehr als ein Individualgeruch drauf ist und es zu beiden Individualgerüchen passende Spuren gibt*

Zum anderen, wenn ich nach dem Antrailen, dazu übergehe dass der Hund nur noch über die Nase bei der Zielperson ankommen kann. Für diesen Schritte ist es für den Hund am leichtesten, wenn es nur eine exklusive Spur der Zielperson gibt.

Bei diesen Ausnahmen ist es für mich wichtig, erwünschtes Verhalten besonders leicht zu machen.

Fazit

Du brauchst wirklich keine Angst vor alten Spuren zu haben! Deine Teams können also ganz entspannt vor Beginn des Trails mit ihren Hunden eine Erkundungs- bzw. Orientierungsrunde drehen, ihre Spuren stören nicht.

Ganz im Gegenteil – Du kannst diese Spuren wunderbar als Trailaufgabe benutzen. Nutze die alten Spuren aktiv, um spannende Aufgaben zu stellen, mit dem Schwierigkeitsgrad der Aufgabe zu spielen und um weitere Aspekte der Körpersprache des Hundes auf dem Trail zu lehren.

Für Hunde, die im Einsatz geführt werden ist es sogar absolut notwendig, dieses Szenarien zu trainieren, damit das im Einsatz auch abgerufen werden kann!

Im Rahmen einer Enrichmentmaßnahme sind mehrere Spuren der Zielperson im Suchgebiet eine sehr artgerechte Steigerung der Herausforderungen auf dem Trail.

Möchtest Du noch tiefer ins Traillegen einsteigen?

Kennst Du mein beliebtes Bundle der beiden Onlineworkshops Trails planen & legen Teil 1 und 2?

Im ersten Teil gehts ganz allgemein um die inhaltliche Planung von Trails und im zweiten Teil zeige ich dann ganz konkrete Trailaufgaben z.T. anhand von Karten.

Unter anderem werden auch die weiter oben genannten Aufgaben in diesem Workshop ausführlich dargestellt:

  • Überprüfung der Verknüpfung mit dem Geruchsartikel und
  • Second Scent
  • Ausschluss am Start

Inspirationen fürs Traillegen holen

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