Was sind Fehler beim Mantrailing – und wie Du sie als Helfer für das Training nutzen kannst
Nachdem ich in Teil 1 „Definitionen und Fehlerkultur“ dieser Serie (den ich Dir vor der Lektüre dieses Artikels dringend ans Herz lege) und in Teil 2 unerwünschtes Verhalten des Hundes auf dem Trail beleuchtet habe, gehts nun an den 3. Beteiligten: Den Menschen.
Dabei gehts nicht nur um das Verhalten des Trailenden, sondern auch der Menschen und der Gruppe … und last but not least… der Trainer*in!
Du kannst Dir diesen Artikel auch anhören:
Fehler bei Mantrailing als Enrichment: Der Mensch
Welche Verhaltensweisen oder Einstellungen des Menschen sind beim Mantrailing mit Blick durch „Enrichment-Brille“ unerwünscht? Und welche Schlüsse für das Training können wir daraus ziehen?
Teampartner Mensch - Die Bezugsperson
Schauen wir mal durch die Enrichmentbrille auf das berühmte „andere Ende der Leine“:
Unpassende Einstellung
Beim Trailen als Enrichment geht es in erster Linie nicht um schneller, länger, schwieriger… oder „besser als“, sondern darum, für den Hund eine Trainingseinheit zu gestalten, die seine Bedürfnisse erfüllt, damit er mit den Herausforderungen im Alltag besser zurechtkommen kann.
Daher ist sportlicher Ehrgeiz auf Kosten der Hunde sowie ein leistungsbezogener Vergleich mit den anderen Teams hier fehl am Platz.
Lösungsansätze:
- Klare Kommunkation des Schwerpunktes Enrichment (Webseite, in der Kommunikation, beim Kennenlernen)
- Vermittlung von Hintergrundwissen über die Wichtigkeit der Erfüllung der Bedürfnisse und den positiven Effekt auf den Alltag
- offene Gruppen haben den Vorteil, dass der direkte Vergleich mit anderen Teilnehmer*innen meist ausbleibt
Unpassende Erwartungshaltung
Häufig fällt es den Menschen recht schwer zu erkennen und zuzulassen, dass ihr Hund ein erwartetes Verhalten (noch) nicht zeigen kann. Der Mensch wünscht sich z. B. ein „Sitz“ am Start – für diesen Hund ist das jedoch nicht förderlich (Siehe auch Das Startritual):
Lösungsansätze:
- aktive Unterstützung beim Finden von förderlichen Verhaltensweisen des Hundes
- Erklären der Körpersprache des Hundes
- Vermittlung von Wissen über die „Erregungskurve“ und deren Bedeutung für den gesamten Trail
- Sicherheit geben, dass der Hund nicht „falsch“ ist
- Zuversicht schenken, dass sich das Trailen als Enrichment langfristig positiv auf den Alltag auswirken wird
Unvorteilhafte Vorbereitung
Nachteilig für den Hund sind:
- eigene Hektik aufgrund schlechten Zeitmanagements
- Material (Leine, Geruchsartikel, Jackpot) nicht griffbereit vorbereitet
- Hund kommt in unvorteilhafter Verfassung ins Training (konnte sich noch nicht lösen, zu müde, zu erschöpft, zu hoher Bewegungsdrang vorm Training, hungrig, Schmerzen, Hund friert, Hund hat Hitzestress)
- Vorbereitung daheim führt zu hohem Erregungslevel mit Frust
- Gedanklich abgelenkt und nicht mit dem notwendigen Fokus im Hier und jetzt beim Hund und Trail
Lösungsansätze:
Wertschätzend Wissen vermitteln! Den Menschen dabei unterstützen, ein passendes Vorgehen zu finden. Die Menschen in der Gruppe ins Hier und jetzt holen – ggf. den Trail anpassen. 4-Augen Gespräche können z.B. sehr gut geführt werden, wenn der betreffende Mensch das nächste Mal als Zielperson eingesetzt wird.
Leinenhandling
Ein abrupter Leinenstop nach einer richtigen Entscheidung des Hundes kann den Lernfortschritt massiv einschränken und Unsicherheit oder Frust beim Hund erzeugen. Eine zu lange Leine kann ein riesiges Sicherheitsrisiko sein!
Leinenhandling ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Handwerkskunst! Dabei gilt es nicht nur die Leinenspannung zu beachten, sondern auch die Leinenlänge sowie die Fertigkeit, die Leine geschmeidig zu verlängern und zu verkürzen.
Lösungsansätze:
Ich bin ein großer Fan von Mensch-Mensch und Trockenübungen rund ums Leinenhandling!
- passende Leine für das Team finden (für Mensch und Hund passend)
- Aufwickeln praktisch zeigen und üben lassen
- passende Handhaltung einüben
- Leinenlängenveränderung trocken üben lassen, bis beides geschmeidig möglich ist
- Mensch-Mensch Übung zum Thema Leinenspannung und Leinenlänge machen lassen
- beim Flanken Hinweise auf Leinenlängenveränderungen geben
Ungünstige Bewegungsmuster
Neben einer für den Hund bedrohlichen Körperhaltung beim Präsentieren des Geruchsartikels oder beim Hantieren mit der Leine und/oder Geschirr kommt es auch auf die Art und Weise des Mitlaufens auf dem Trail an:
Das betrifft:
- das Lauftempo
- ein dem Stand der Ausbildung und mentaler Stärke des Hundes angepasstes Laufverhalten bezogen auf den Trailverlauf (Wann Mitlaufen, wann Stehenbleiben)
- der Rhythmus und die Vehemenz des Auftretens (insbesondere bei kurzer Leine)
- dem Hund beim Richtungswechsel im Weg stehen
- dem Hund durch die Körperausrichtung die Entscheidung vorwegnehmen
Lösungsansätze:
Zielführendes Begleiten auf dem Trail mit passendem Timing für die Anleitungen helfen dem Menschen enorm. Dabei kann auch auf Trockenübung Mensch-Mensch zurückgegriffen werden – gerade wenn es um das Gefühl geht, wenn jemand mit schweren trampelden Schritten hinterherläuft… einmal erlebt ist so viel effektiver als 10x erzählt.
Die Zielperson
Der Zielperson kommt gerade bei den Hunden, die mit Menschen ein Thema haben, eine sehr wichtige Rolle zu! Insbesondere Neukund*innen müssen sehr gut angeleitet werden. Erkläre genau, was und wie es zu tun ist, denn „gut gemeint“ kann tatsächlich „furchtbar schlecht gemacht“ sein.
Verhalten beim Auffinden
Der Abschluss des Trails an der Zielperson soll für den Hund ein echtes Highlight sein – und kein Anlass für einen Motivationskonflikt geben. Daher muss sich die Zielperson entsprechend so verhalten, wie es für den Hund passend ist. Da ist jeder Hund anders und die Bandbreite ist groß. Während der eine Hund es liebt, sich an seine Zielperson ranzuschmeißen und sich durchknuddeln zu lassen, traut sich der andere nicht zur Zielperson hin wenn Abstand und Körperhaltung für ihn noch zu gruselig sind.
Lösungsansätze:
Wie die Zielperson sich im Detail verhalten soll ist je nach Hund genau mit Bezugsperson und Zielperson abzusprechen:
- Körperhaltung beim Auffinden
- Zeitpunkt der Präsentation des Jackpots (Anzeigeverhalten?)
- Körperhaltung beim Präsentieren des Jackpots
- räumlicher Abstand von Jackpot und Zielperson
- Partystimmung erwünscht?
- aus Sicherheitsgründen ist das Anfassen der Hunde am Ziel am besten grundsätzlich untersagt – es sei denn, es ist Teil der Belohnung (wie bei dem Hund, der sich an die Zielperson ranschmeißt und geknuddelt werden will)
Nicht abgesprochene Handlungen
Voraus- und mitdenkende Zielpersonen sind schier unbezahlbar! Erfinderische eigenmächtige Zielpersonen hingegen sind der Albtraum aller Mantrailing Trainer*innen, oder?
Was kann alles schief laufen:
- unabgesprochenes Verlassen der Zielposition
- Veränderung des Schwierigkeitsgrades der Auffindeposition
- Abweichen vom abgesprochenen Verhalten beim Ankunft des Hundes
Lösungsansätze:
- Funkgeräte nutzen! So sind Absprachen jederzeit möglich!
- Hintergrundwissen über die Wahl des Zielortes und der Auffindeposition vermitteln
- die Risiken von eigenmächtigen Veränderungen der Zielposition verdeutlichen
- Verständnis-Rückfragen stellen, wenn eine besondere Auffindesituation trainiert werden soll
Die Gruppe
Ich begrüße es sehr, wenn die Teilnehmer*innen auch die Trails der anderen Teams begleiten (sie tun das natürlich ohne ihre Hunde). Vom Beobachten kann man so viel lernen. Nicht nur live direkt beim Mitlaufen, sondern auch hinterher bei den Erklärungen des Trails. Vieles, was man bei einem anderen Team beobachtet, kann für das eigene Trailen hilfreich sein. Die Wahrnehmung ist einfach nochmal anders.
Darüberhinaus kann die Gruppe extrem hilfreich sein, wenn es um Gefahrenhinweise, Abgrenzen von Tutnixen und Beantworten von Fragen Dritter (Passanten, Anwohner) auf dem Trail sein. Und last but not least kann auch die Gruppe selbst in den Trail aktiv eingebaut werden – sei es als Verleitpersonen oder als Elemente des Starts oder auf dem Trail (durch die Gruppe durch oder daran vorbeitrailen).
Allerdings gibt es auch ganz selten den Fall, dass „die Gruppe“ sich unerwünscht verhält.
Ob das trailende Team grundsätzlich von der Gruppe begleitet werden kann, ist gleich am Anfang zu klären. Für das ein oder andere Team ist es besser, wenn sie erstmal nur von der Trainer*in begleitet werden.
Was kann dennoch schieflaufen?
- Unterhaltungen der einzelnen Teilnehmer*innen sind störend für das Team und/oder die Trainer*in
- vereinzelt können Hunde davon irritiert werden, wenn die Gruppe sich zurückfallen lässt oder gar nicht mehr mitgeht
- die Gruppe ist zu nah am Team dran und übt Druck auf den Hund aus
- Personen aus der Gruppe blockieren (unerwünscht) den Weg und machen dem unsicheren Hund das erwünschte Trailverhalten unnötig schwer
Lösungsansätze:
Hintergrundwissen vermitteln, warum das Verhalten kontraproduktiv ist! Ich sehe es allerdings auch als unsere Pflicht als Trainer*innen an, das Verhalten der Gruppe zu lenken und auch während des Trails z.B. um Ruhe zu bitten, wenn es das trailende Team negativ beeinflusst (aus welchem Grund auch immer).
Die Trainer*in
Und wo müssen wir uns selbst an der Nase packen, wenns ums Trailen als Enrichment geht? Welches Verhalten von uns Trainer*innen ist notwendig, wenn das Ziel Enrichment ist?
Werfen wir mal einen Blick durch die Enrichmentbrille auf uns:
Um die Teams gut zu betreuen sind für mich persönlich folgende Punkte wichtig:
- ein wahrhaftig gelebter Enrichment-Gedanke als Basis (siehe Ziel in Teil 1)
- Betreuung der Teams von der ersten bis zur letzten Minute des Trainings
- Auf dem Trail ist die volle Aufmerksamkeit bei dem trailenden Team
- Nähe zum Team, das beim Mitlaufen eine dem Stand und der Aufgabe angemesse Unterstützung gewährleistet
- Einwirken auf störendes Verhalten in der Gruppe
- Flexibles Angebot für die Teams, damit Frequenz und Location individuell gewählt werden können
Fazit
Ich trainiere nach dem Grundsatz, dass die Menschen immer das Beste geben, wozu sie gerade fähig sind.
Und wenn das Verhalten der Menschen nicht zielführend ist, dann liegt es an uns Trainer*innen, das Hintergrundwissen zu vermitteln und neue Wege zu finden. Und zwar so, dass der Mensch sie auch annehmen und umsetzen kann.
Was ist also zu tun:
- Wissen vermitteln
- Körpersprache lehren
- unötigen Druck von der Bezugsperson nehmen
- auf eine realistische Erwartungshaltung hinwirken
- förderliches Verhalten zeigen oder auch erleben lassen
- die Trailaufgabe daran anzupassen, wozu der Mensch aktuell in der Lage ist
- Betreuung der Teams von der ersten bis zur letzten Minute des Trainings plus Vorbereitung
Genau darum geht es in dem Online Workshop „Die Kunst des Flankens“. Wie Du Deine Teams anleiten kannst, damit Dein Ziel „Mantrailing als Enrichment“ erreicht werden kann. Dabei ist die Betreuung auf dem Trail selbst nur die Spitze des Eisberges. Deswegen gehts in dem Workshop auch um die Basis, wie Dir das gelingen kann.
Wenn Du also tiefer in diese Materie einsteigen möchtest, dann kannst Du das mit diesem Online Workshop:
Deinen Teams das Glitzern in die Augen zaubern