Fehler beim Mantrailing – Teil 1 Fehlerkultur

Fehler beim Mantrailing - sind Helfer für das zukünftige Training - Teil 1 Fehlerkultur und Defintionen
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Was sind Fehler beim Mantrailing – und wie Du sie als Helfer für das Training nutzen kannst

Ist Dir schon mal aufgefallen, dass Du die Reihenfolge der Buchstaben im Wort FEHLER so ändern kannst, dass daraus HELFER wird? Spannend, oder?

In dieser Artikelserie beleuchte ich mal, was beim Mantrailing schief laufen kann und wie Du das Training entsprechend daran anpassen kannst.

Der 1. Teil legt die Grundlagen. Was ist ein Fehler und wie kann ich mit Fehlern grundsätzlich umgehen.

Du kannst Dir diesen Artikel auch anhören:

Definition Fehler

Bevor wir uns überhaupt mit den Fehlern beim Trailen beschäftigen können, werfen wir mal einen Blick auf die herrschende Fehlerkultur im Hundetraining allgemein und Mantrailing im Speziellen.

Was ist denn eigentlich ein Fehler?

Wikipedia sagt: „Ein Fehler ist die Abweichung eines Zustands, Vorgangs oder Ergebnisses von einem Standard, den Regeln oder einem Ziel.“

Um also die Fehler beim Mantrailing zu erkennen, muss ich vorab Folgendes fürs Trailen definieren:

  • Vorgang
  • Ergebnis
  • Standard
  • Regeln
  • Ziel

Damit liegt schonmal auf der Hand, dass bei unterschiedlichen Zielen oder Regeln des Trainings die Definition von „Fehler“ damit automatisch auch anders ausfällt.

Definition Mantrailing als Enrichment

Ich definiere die oa. Punkte an dieser Stelle für mein Training – für meine Art, Mantrailing als Enrichment durchzuführen. Die Art, wie sie auch bei der IBH Weiterbildung für Lizenzierte Mantrail Trainer*innen gelehrt und von den Trainer*innen gelebt wird.

 

Weil für mich beim Trailen als Enrichment das Ziel entscheidend ist, setze ich die Definition des Zieles mal ganz nach oben. Denn alle anderen Punkte sind diesem Ziel untergeordnet!

Ziel

Das Ziel beim Trailen als Enrichment ist es, sowohl Hund als auch Mensch eine befürfnisorientierte Beschäftigung anzubieten, die eine Enrichmentmaßnahme darstellt. Dabei wird möglichst viel auf die 5 Säulen des Enrichment eingezahlt und so gut es in der Praxis umsetzbar ist, das „Abheben“ von diesen Säulen verhindert.

Die 5 Säulen des Enrichment sind:

  1. Ernährung
  2. Umwelt
  3. Gesundheit
  4. Selbstbestimmtheit, Kontrolle
  5. Gute Emotionen

Beim Trailen als Enrichment geht es also darum, dass Mensch und Hund eine gemeinsame Beschäftigung ausüben, bei der die Bedürfnisse nach den og. Punkten möglichst gut erfüllt werden.

In anderen Worten:
Die Bedürfniserfüllung des Teams ist höher anzusetzen, als die Funktion des Trailens (schneller, länger, schwieriger arbeiten).

Zur Bedürfniserfüllung gehören last but not least auch gute Emotionen dazu. Sowohl beim Hund als auch beim dazugehörigen Mensch. Gerade Menschen mit Hunden, die besondere Bedürfnisse haben, können beim Trailen als Enrichment Verbundenheit und Wachstum erfahren.

Wenn die guten Emotionen beim Mensch allerdings auf Kosten der Bedürfnisserfüllung des Hundes erreicht werden sollen (Ehrgeizfalle), sehe ich mich als Trainerin in der Position, die Bedürfnisse des Hundes aufzuzeigen und im Rahmen des Trainings auf deren Erfüllung hinzuwirken.

Dafür ist es natürlich notwendig, dass die Teilnehmer*innen des Trainings das gleiche Ziel verfolgen!

Vorgang:

Der Hund bekommt die Aufgabe (Trailen auf dem Geruchsband) so vermittelt, dass er motiviert dabei ist, die Aufgabe leicht verstehen kann und aufgrund des Trainingssettings möglichst wenig Fehler machen kann.

Wenn der Hund die Aufgabe verinnerlicht hat, bekommt das Team Trailaufgaben, die es fordern und fördern, aber nicht überfordern. Die Teams bekommen also ihrer aktuellen Tagesform und Ausbildungsstandes angepasste individuelle Trails gelegt und werden wohlwollend, wertschätzend und fachlich kompetent dabei begleitet und angeleitet.

Der Trainingsaufbau sorgt für eine Festigung des Gelernten und eine Weiterentwicklung (in einem Tempo, das das Team vorgibt).

Ein solider fachlicher Aufbau des Mantrailing Trainings ist eine wichtige Basis für die Erfüllung der Bedürfnisse. Denn „einfach mal so drauflos“ kann so richtig schief laufen, denn Mantrailing ist nicht per se bedürfniserfüllend.

 

Standard

Der Standard, den ich beim Trailen zugrunde lege, ist das Trailen auf dem Geruchsband (Trailen auf der schweren Spur).

Der Standard im Umgang mit dem Hund ist das Leitbild des IBH – verfeinert nach den Richtlinien des L.I.F.E. – Konzeptes.

Mein  Umgang mit Menschen basiert auf Wertschätzung, Flexibilität, Verständnis

 

Regeln

Meine Regeln für die Ausbildung des Hundes ergeben sich auf Basis der fachlichen Kompetenz für Mantrailing und Hundetraining unter Einhaltung der og. Standards.

 

Ergebnis

Der Hund löst die Aufgabe des Trailens auf dem Geruchsband. Er verfolgt das Geruchsband der Person, die ihm mittels Geruchsträger präsentiert wurde. Dabei verfolgt er die Spur bis zur Zielperson oder zeigt das Ende des Geruchsbandes an.

Wenn auf dem Trail Ereignisse oder Umstände auftreten, die dem Hund Unbehaglichkeit verursachen, kann er das durch sein Verhalten zeigen. Der Teampartner Mensch erkennt, ob der Hund bei der Bewältigung der Herausforderung, die ihm Unbehagen bereitet, Unterstützung braucht oder es alleine schafft. Die Bewältigung des Unbehagens ist wichtiger als das sofortige Ausarbeiten des Trails.

Der Mensch ist als Teampartner dabei: Für Sicherheit sorgend, den Hund bei Herausforderungen unterstützend, den Blick auf die Bedürfnisse geschärft.

Die gestellte Aufgabe kann erfolgreich abgeschlossen werden, das Team beendet mit guten Emotionen. Die Bilanz des gesamten Trainings ist positiv zu werten.

Der Mensch kann seinen Hund als Held des Trails erleben und den Fokus von den „Baustellen des Alltags“ zu den positiven Ereignissen wenden. Der Hund erlebt im Team mit seiner Bezugsperson eine artgerechte Beschäftigung, bei der seine Bedürfnisse berücksichtigt werden.

In anderen Worten:

 

Mantrailing als Enrichment kann das Glitzern in die Augen von Menschen und Hunden (zurück) bringen!

Umgang mit Fehlern im Training

Neben der Definition des „Fehlers“ ist es ein ganz entscheidender Faktor einer Trainingsphilosophie, wie mit Fehlern in der Trainingssituation umgegangen wird.

Der Hund wird "korrigiert"

Da gibt es den Ansatz, immer dann auf den Hund einzuwirken (wie auch immer), wenn er (nach dem Verständnis des Menschen) einen Fehler macht.

Das kann dann so aussehen, dass der Hund sobald er ein unerwünschtes Verhalten beim Trailen zeigt, (wie auch immer) „korrigiert“ wird.

Dabei wird erstmal gar nicht berücksichtigt, warum der Hund dieses unerwünschte Verhalten gezeigt hat. Das Verhalten wird vom Menschen als „unerwünscht“ definiert – unabhängig davon, ob es für den Hund in dieser Situation eine wichtige Funktion hat.

Der Mensch setzt sich über die Bedürfnissen des Hundes hinweg und fordert die Erfüllung der Aufgabe ein. Die Erfüllung der Aufgabe wird als bedeutender eingestuft, als die Erfüllung der Bedürfnisse des Hundes.

Dieses Vorgehen sorgt für unangenehme Emotionen beim Hund. Er beendet das für ihn wichtige Verhalten zur Bedürfniserfüllung, um unangenehmen Konsequenzen durch seine Bezugsperson zu entgehen (Druck ).

Dieses Vorgehen ist daher nicht vereinbar mit dem Ziel „Mantrailing als Enrichment“.

Setup for Success

Mein Ansatz sieht meinem Ziel entsprechend also anders aus:

Ich gestalte grundsätzlich proaktiv das Trainingssetting gezielt so, dass der Hund mit hoher Wahrscheinlichkeit das erwünschte („richtige“) Verhalten zeigen kann.

 „Setup for Success“ – Ein Aufbau, der Erfolg sehr wahrscheinlich und Fehler sehr unwahrscheinlich bis unmöglich macht. Ein Aufbau, bei dem Fehler möglichst ausbleiben und entsprechendes Verhalten erst gar nicht abläuft und gelernt werden würde.

Im Vorfeld biete ich durch das Training in offenen Gruppen den Teilenehmer*innen die Wahl der für sie passenden Location.

Den Verlauf des Trails kann ich so gestalten, dass der Hund mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit das erwünschte Verhalten zeigen kann. Es kann sogar soweit gehen, dass ich durch das geschickte Legen des Trails auch unerwünschtes Verhalten komplett verhindern kann.

Dabei braucht es viel Fingerspitzengefühl, das Ausmaß der Herausforderungen so zu wählen, dass der Hund daran wachsen kann – und eine Entwicklung stattfinden kann.

Wie das konket beim Trailen als Enrichment aussieht, wird in den Teilen 2 und 3 dieser Serie beschrieben werden.

Und wenn dann doch ein Fehler passiert?

Zeigt der Hund (der Mensch) im Rahmen des Settings ein Verhalten, das nicht direkt zur Erfüllung der Aufgabe beim Trailen beiträgt, dann ist Recherche angesagt: Warum zeigt der Hund (der Mensch) das Verhalten?

Entscheidend ist: Ist der Grund für das Verhalten dennoch mit dem Gesamtziel vereinbar?

👉 Konkretes Beispiel: Fremdschnuppern

Das sogenannte Fremdschnuppern (also Schnüffeln „außerhalb“ der Erarbeitung des Trails) kann verschiedene Ursachen haben – und entsprechend ist darauf zu reagieren:

  • Meideverhalten:
    Wenn auf dem Trail was für den Hund „Gruseliges“ auftaucht, kann es sein, dass der Hund abtaucht und „fremdschnuppert“. Das ist eine super Strategie und das darf der Hund unbedingt beibehalten, um sich weiterhin sicher und gut zu fühlen: Selbstwirksamkeit und Verhindern von schlechten Emotionen!

     

  • Kommunikation mit Artgenossen/deeskalierendes Verhalten:
    Der Hund reagiert auf die Anwesenheit eines Artgenossen mit Schnuppern am Boden: Ein natürliches Verhalten, das zu Sicherheit und Wohlbefinden beitragen kann: Selbstwirksamkeit und Verhindern von schlechten Emotionen!

     

  • Überforderung:
    Der Hund ist mit der Situation,  der konkreten Aufgabe oder der grundsätzlichen Aufgabenstellung überfordert. Er weiß vielleicht gar nicht was von ihm erwartet wird, oder er kann es jetzt nicht lösen. Da ist es die Aufgabe der Trainer*in  für einen guten Abschluss der Aufgabe zu sorgen und auf Ursachenforschung gehen, um künfig passendere Trails zu legen bzw. passendere Locations zu wählen. Hier besteht also Handlungsbedarf: Für Trainer*innen und Bezugspersonen.

     

  • Niedrige Motivation für den Trail:
    Das ist schon etwas kniffliger. Ist das Verhalten des Erarbeitens des Trails nicht lohnenswert für den Hund? Gibt es einen aktuellen Anlass, warum die direkte Umwelterkundung eine höhere Motivation hat? Auch hier besteht Handlungsbedarf – wieder für Trainer*innen und Bezugspersonen, um die Bereitschaft für die Erfüllung der Aufgabe zu verbessern.

Mit Blick auf die möglichen Ursachen des Fremdschnupperns ist jetzt auch klar, warum Ausübung von Druck auf den Hund in dieser Situation niemals zum Erreichen des  Zieles „Enrichment“ führt.

Ausblick auf Fehler bei Mantrailing als Enrichment

Welche Verhaltensweisen des Hundes/des Menschen sind beim Mantrailing mit Blick durch „Enrichment-Brille“ also wirklich unerwünscht? Und welche Schlüsse für das Training können wir daraus ziehen?

„Fehler“ beim Mantrailing als Enrichment sind Verhaltensweisen von Hund und/oder Mensch, die

  • dem oben definierten Ziel „Enrichment“ entgegenwirken
  • vom oben genannten Standard abweichen
  • die oben genannten Regeln brechen
  • die verhindern, das angestrebte Ergebnis zu erreichen

Folgenden Fehlern werde ich mich in Teil 2 und Teil 3 dieser Serie widmen:

Teil 2 – Der Hund

  • Unpassende Erregung am Start
  • Meideverhalten am Geruchsträger
  • fehlende Verknüpfung des Trails mit dem Geruchsartikel
  • Belohnung wird nicht genommen
  • rund ums Anzeigeverhalten
  • Suchen mit den Augen
  • Geruchsjagen (statt Trailen auf dem Geruchsband)

Teil 3 – Der Mensch

  • Kontraproduktive Vorbereitung
  • unpassende Erwartungshaltung
  • ungünstige Bewegungsmuster
  • Leinenhandling
  • Verhalten der Gruppe

Fazit

Wenn Mantrailing mit unterschiedlichen Zielen durchgeführt wird, so unterscheiden sich auch die entsprechenden als Fehler eingestuften Verhaltensweisen. Bevor ich mich also mit typischerweise als „Fehler“ bezeichneten Verhaltensweisen beschäftige, muss ich überprüfen, ob die für mein angestrebtes Ziel überhaupt Fehler sind. Gerade das Beispiel mit dem Fremdschnuppern zeigt deutlich:

  • Wenn das Ziel ist, so schnell  wie möglich und ohne Ablenkung die Aufgabe auszuführen, dann ist dort „Fremdschnuppern“ unerwünscht.
 
  • Wenn das Ziel hingegen „Enrichment“ und damit auch Wohlbefinden ist, dann kann das Schnuppern in den Fällen des Meideverhaltens oder der Kommunikation durchaus als zielführendes Verhalten angesehen werden. „Fremdschnuppern“ aus Überforderung oder fehlender Motivation heraus… nun – da sind wir als Trainer*innen gefragt, aktiv zu werden und das Training für dieses Team anzupassen statt Druck auf den Hund auszuüben.

Welches Ziel verfolgst Du mit Deinem Mantrailing Training? Und was sind folglich für Dich „Fehler beim Mantrailing“? Schreibs gerne in die Kommentare!

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